Eine packende Einführung in Mei Hong Lins zweiteiliges Tanzstück Le Sacre du Printemps (Das Frühlingsopfer) von Igor Strawinsky kombiniert mit den Metamorphosen von Richard Strauss bescherte uns das 63. SF am 13.10.2019. Dr. Thorsten Teubl, Dramaturg und Moderator der Veranstaltung, gab uns einen Einblick in Komposition und Entstehungsgeschichte der beiden Werke.
Im Jahr 1945, kurz vor Beendigung des Zweiten Weltkrieges schrieb Richard Strauss sein letztes großes Orchesterwerk, die Metamorphosen, das unübersehbar seine tiefe Betroffenheit und Trauer um die arg zerbombte Stadt München erkennen und den Trauermarsch aus Beethovens Eroica anklingen lässt.
1913, in den letzten friedlichen Tagen vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges entstand Igor Strawinskys Le Sacre du Printemps, das den Todestanz eines zufällig ausgewählten Mädchens, das dem Frühlingsgott geopfert werden soll, zum Inhalt hat. Schon bei der Uraufführung gab es wegen der ungeheuren Klangmassen und dem oft derb wirkenden Stampfen und Hüpfen heftige Kritik. Debussy bezeichnete es sogar als massacre du printemps.
Tanzdirektorin Mei Hong Lin schilderte ihre Interpretation der beiden Werke, die sie in kombinierter Form in die Gegenwart versetzt und aktuelle Fragen anspricht wie Gewalt, Machtmissbrauch, Liebe zwischen zwei Menschen, die zwar wächst und wächst, aber nicht gestattet ist, Gefangenschaft, Entmenschlichung und Erniedrigung zu einem Tier, lässt dabei aber doch einen Spross Hoffnung für die Zukunft erkennen.
Markus Poschner erläuterte die enormen Anforderungen für Dirigent und Orchester infolge Polyrhythmik, komplexe Notation und neue Definition des Melodischen.
Natürlich durfte auch der musikalische und optische Genuss nicht fehlen. Die Kompanie TANZLIN.Z, die infolge des Sparkurses zwar nur mehr aus 18 (anstatt 20) Mitgliedern besteht, aber ein Spitzenensemble von internationalem Ruf ist (Gastspiel in Taiwan, Eröffnung des Wiener ImPulsTanz-Festivals), gab uns einen Vorgeschmack auf die Aufführung. Wir hörten und sahen aus den Metamorphosen beeindruckende Tanzeinlagen mit Lara Bonnel Almonem / Nimrod Poles und Kayla May Corbin / Valerio Iurato sowie aus Le Sacre mit Pavel Povraznik / Vincenzo Rosario Minervini und Núria Giménez Villarroya / Mireia Gonzalez Fernandez / Valerio Iurato
Irene Jodl
Fotos: Manfred Fleckenstein