Beschwingt verlief das 62. SF am 29.9.2019, stand doch Carl Millöckers Operette „Der Bettelstudent“ am Programm, ein Werk, das nicht nur als Operettenklassiker gilt, sondern auch mehrfach verfilmt wurde- wie alte Fotos zeigten. Dramaturgin Anna Maria Jurisch, die das SF moderierte, schilderte zu Beginn den Werdegang des Komponisten, der heute mit Johann Strauß und Franz von Suppé zu den drei Vertretern der „goldenen“ Wiener Operettenära zählt. Carl Millöcker wurde am 29.4.1842 in Wien als Sohn eines Goldschmiedes geboren und starb am 31.12.1899, also genau zur Jahrhundertwende. Er erlebte somit eine Zeit zwischen Biedermeier und Vormärz, geprägt von einer allgemeinen Sehnsucht nach Auf- und Umbrüchen, was sich auch in der Operette „Der Bettelstudent“ widerspiegelt. Die Operette spielt zu Beginn des 18. Jahrhunderts im polnischen Krakau zur Zeit der sächsischen Besetzung. Der sächsische Oberst Ollendorf zürnt, hat er doch gerade von der von ihm angebeteten Laura, einer Tochter der polnischen Gräfin Nowalska, eine Abfuhr erlitten und sinnt nach Rache. Karl Absenger (Inszenierung) und Marc Reibel (musikalische Leitung) gewährten uns einen Einblick in die Vielschichtigkeit von Handlung und Musik, geht es doch neben dieser Liebesgeschichte auch um Themen wie Besatzung, Freiheit und Fremdherrschaft. Da ist zum einen der oft wutentbrannte und aufbrausende, dann aber wieder geradezu behäbige, aber fast immer militärisch auftretende Oberst Ollendorf, Gouverneur von Krakau. Zum anderen erscheinen die drei eleganten adeligen Damen, die polnische Gräfin Nowalska mit ihren beiden Töchtern Laura und Bronislawa, wobei kaum schwer zu erraten ist, dass Laura nicht gerade für einen sächsischen Bürgerlichen bestimmt ist. Und dann gibt es natürlich noch den „Bettelstudenten“. Vielgestaltig wie die Handlung, die von allgemeiner Heiterkeit plötzlich ins Ernsthafte übergeht und durchaus auch tragisch anmuten kann, ist auch die durchaus anspruchsvolle Musik, wie uns Marc Reibel am Klavier vorführte. In noch beschwingtere Operettenlaune versetzten uns die Kostproben mit den beiden Terzetten „Einkäufe machen“ und „Einen Mann“ sowie die Gesangsstücke „Höchste Lust, tiefstes Leid“ und „Durch diesen Kuss“, dargebracht von Fenja Lukas, Theresa Grabner, Christa Ratzenböck und Mathias Frey.
Irene Jodl
Fotos: Manfred Fleckenstein