Einen wunderschönen Einstieg zum 111. SF am 16.3.2025, das die Oper „Die gerissene Füchsin“ von Leoš Janáček zum Thema hatte, bescherten uns Carina Tybjerg Madsen (Füchsin) und SeungJick Kim (Fuchs) mit dem Duett „Wie viele Kinder haben wir“. Nach einer Inhaltsangabe ging Moderator Chefdramaturg Christoph Blitt auf die Entstehung des Werkes ein, die am Beginn der 1920er Jahre in Brünn ihren Ursprung hatte. In der Kulturredaktion der dortigen Volkszeitung herrschte große Nachfrage nach Zeichnungen. Begeistert von Stanislav Loleks Tierzyklus wurde der Schriftsteller Rudolf Těsnohlídek mit der literarischen Aufarbeitung beauftragt. In Musik umgesetzt schaffte die Geschichte der Füchsin schließlich den Einzug auf die Bühne. Die Heranziehung von Tiergeschichten ist keineswegs eine Seltenheit, wie später auch die Biene Maja oder Kiplings Dschungelbuch beweisen. Sie waren beliebt als Stoff für junges Publikum, sollten aber keineswegs nur als lustig-drollige Geschichten gelten. „Zurück zur Natur“ bedeutete keineswegs nur harmlose Kinderunterhaltung, die Tiere sollten vielmehr als Spiegel der Erwachsenen die Verhaltensweisen der Menschen und die gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Gegebenheiten aufzeigen.
Das Leben des „Erfinders“ der Bildgeschichte Rudolf Těsnohlídek war von vielen Schicksalsschlägen geprägt. Der auch sozialpolitisch tätige Dichter wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf und wurde oft verspottet. Nachdem er die tragischen Erlebnisse nicht mehr bewältigen konnte, beging er Selbstmord. Seine Frau folgte ihm noch am selben Tag in den Tod.
Mit der berührenden Erzählung der Füchsin (Carina Tyberg Madsen) „War vorher beim Förster“ stimmte sie auf die Ausführungen von Christoph Blitt zum Komponisten Leoš Janáček ein. Dieser beschäftigte sich schon länger mit dem Notieren unterschiedlicher Geräusche, von wo und wem auch immer. Er untersuchte Tonfolge und Sprachmelodie in Abhängigkeit von psychischer Verfasstheit, sozialem Status, Dominanz und Aufbegehren der Tiere untereinander, dem Verhalten zwischen Tieren und Menschen und der Menschen miteinander.
Anders als in der ursprünglichen Tiergeschichte wird die Füchsin in der Oper umgebracht, eine Erfindung des Komponisten, der damit das Eingreifen der Menschen in den natürlichen Kreislauf der Welt thematisieren wollte.
Nach dem Duett von Füchsin – Fuchs „Also … dann geh ich“ erläuterten Peter Konwitschny (Inszenierung) und Timo Dentler (Bühne und Kostüme) die Linzer Aufführung. Konwitschny begründete die Aufführung der tschechischen Oper in deutscher Sprache damit, dass für das Publikum ein Gesang in der nicht geläufigen tschechischen Sprache schwer verständlich wäre. Der ursprüngliche Titel „Das schlaue Füchslein“ wurde geändert in „Die gerissene Füchsin“, um einen falschen zu sehr „kindlichen“ putzig-drolligen Eindruck der Oper zu vermeiden. Bezüglich Librettos gibt es mehrere deutsche Fassungen, unter anderem eine von Max Brod. Das Linzer Regieteam hat nach einem Vergleich die passendste gewählt, was einen erheblichen Arbeitsaufwand mit sich brachte, galt es doch, dem anspruchsvollen Anliegen der Oper gerecht zu werden. Die Tiere stehen für die Armen, aber auch für die Jugendlichen, die ihr Leben erst gestalten müssen. Die anderen auftretenden Figuren symbolisieren die Erwachsenen, die Reichen. Die Hochzeit zwischen Fuchs und Füchsin ist ein ausgelassenes, fröhliches Fest aller ohne gesellschaftspolitische Nivellierung. Bei der Linzer Aufführung kommt dem Kinder- und Jugendchor eine besondere Bedeutung zu, auch Tänzer mischen sich in die feiernde Gesellschaft. Der Tod der Füchsin zeigt, wie sich die Welt verändert, wenn die Hauptperson plötzlich nicht mehr unter uns weilt, der Kreislauf der Welt aber nicht aufgehalten wird. Der Förster findet die Füchsin nicht mehr, sucht Ruhe in der Natur des Waldes, schläft ein und stirbt.
Dem entsprechend hörten wir als musikalischen Ausklang den Schlussmonolog des Försters „Hab ich´s nicht gesagt?“, dargebracht von Adam Kim, am Klavier begleitet – wie auch bei den anderen Darbietungen – von Eunjung Lee.
Irene Jodl
Fotograf: Fleckenstein
Fotos
SonntagsFoyer
110. SonntagsFoyer – Fall / Orbo Novo
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