Fr, 10. bis Mo, 13. 12. 2021
Hamburg, die Stadt an der Elbe, ist fest mit den Begriffen Hanse, Seefahrt und dem Hafenviertel St. Pauli verbunden, doch seit 2017 fügt sich ein weiterer Begriff dazu, die Elbphilharmonie. Der Besuch dieses großartigen Konzerthauses war Höhepunkt der Musiktheaterreise der Freunde von 10. bis 13. Dezember 2021.
Auf einer Stadtrundfahrt, sowie einem geführten Stadtrundgang wurden nicht nur die allseits bekannten Sehenswürdigkeiten vorgestellt, sondern so manche interessante, kuriose und weniger geläufige Information vermittelt.
So war der Dammtorbahnhof, in dessen unmittelbarer Nähe unser Hotel lag, der Kaiserbahnhof und nicht der Hauptbahnhof, wo die Geleise im Gegensatz zum Dammtor unterirdisch liegen, denn der Kaiser sollte bei seinen Besuchen beim Verlassen des Bahnhofs zum Volk herabsteigen und nicht etwa hinauf. Von der Außenalster eröffnet sich ein wunderbarer Blick über die Silhouette Hamburgs mit ihren vielen Türmen. Dass dieser Anblick erhalten bleibt, dafür sorgen die Stadtväter mit einer Beschränkung der Gebäudehöhe bei Neubauten, einzig für die Elbphilharmonie wurde eine Ausnahme gemacht. Eine Hamburger Besonderheit ist der Schwanenvater, der für die Wasservögel sorgt und im Winter die Schwäne von der Alster in ein geschütztes Quartier, einen beheizten Teich bringt. An der Binnenalster liegt der Jungfernsteg und dessen Name leitet sich von der früheren Tradition ab, dort die unverheirateten Töchter spazieren zu führen, in der Hoffnung auf Bekanntschaft mit einem reichen Freier.
Die alten Speicher in der von Fleeten (Kanälen) durchzogenen Speicherstadt werden u.a. von Teppichhändlern als Lager genutzt und bilden nach Teheran das weltgrößte Orientteppichlager. Daneben dominieren Kräne, hier entsteht mit der Hafencity ein gemischtes Wohn- und Freizeitquartier gigantischen Ausmaßes. In St.Pauli wiederum setzt ein bedenklicher Trend ein, die früher günstigen Mietwohnungen werden renoviert und teuer vermietet, wodurch der alte Charakter verlorengeht und ein „In-Viertel“ für Wohlhabende entsteht. Eine andere Wohnform hat Udo Lindenberg gewählt, er lebt in einer Dauersuite im noblen Atlantic-Hotel, die er zum Teil mit seinen „Likörellen“ finanziert, von ihm mit speziellen Likörfarben gemalten Aquarellen.
Hamburg wird zu Recht auch als Stadt der Musik bezeichnet, hier stand die Wiege bedeutender Komponisten wie Georg Philipp Telemann, Fanny und Felix Mendelssohn Bartholdy und Johannes Brahms. Johann Sebastian Bach machte sich 1720 von Köthen nach Hamburg auf, um sich für die Stelle als Generalmusikdirektor zu bewerben, wofür jedoch nicht nur Können, sondern auch 1000 Taler nötig waren, die Bach nicht aufbringen konnte. Auf seinen Rat hin bewarb sich Georg Philipp Telemann, der die Stelle bis zu seinem Tod 1767 innehatte. Sein Nachfolger wurde dann doch ein Bach, Carl Philipp Emanuel Bach, der Sohn von Johann Sebastian, der auch unter dem Namen „Hamburger Bach“ in die Geschichte einging.
Ein Ausflug führte in die Hansestadt Lübeck, deren Altstadtkern seit 1987 zum Weltkulturerbe zählt. Über das mächtige Holstentor gelangt man zur komplett von Wasser umschlossenen mittelalterlichen Altstadt. Unseren Weg säumten Kirchen und bestens erhaltene Backsteinhäuser, die mit ihren Fassaden und variantenreichen Giebelformen beeindrucken. Das Willy Brandt Haus und das Buddenbrookhaus erinnern an bedeutende Persönlichkeiten der Stadt, das Günter Grass Haus ist dem Schaffen des Literaturnobelpreisträgers gewidmet. Gerne würde man länger verweilen und durch die Adventmärkte mit Kunsthandwerk und typischen Spezialitäten, wie Mutzen, ein in Schmalz frittiertes Gebäck, schlendern.
Doch am Abend wartete ein musikalischer Höhepunkt, eine Aufführung von Elektra in der Hamburger Staatsoper. Nach der Zerstörung 1943 durch einen Bombenangriff entstand nach Plänen Gerhard Webers ein neues Zuschauerhaus mit ca. 1.700 Sitzplätzen, das im Oktober 1955 eröffnet wurde. Regisseur Dmitri Tcherniakovs Elektra spielt in einem großbürgerlichen Wohnzimmer, doch die Idylle trügt, es entwickelt sich ein Elektra-Krimi, der nicht nur stimmlich, sondern auch darstellerisch überzeugend umgesetzt wurde. Hervorragend Aušrinė Stundytė, die schon bei den Salzburger Festspielen als Elektra brillierte, Violeta Urmana als Klytämnestra und Jennifer Holloway als Chrysothemis. Der estnische Sänger Lauri Vasar als Orest wird noch einigen in Erinnerung sein, er war von 2002 bis 2007 in Linz engagiert und in seinem Künstlerportrait in den Vereinsnachrichten Nr.7 aus 2002/03 bezeichnete ihn Wolfgang Albrecht als „Singschauspieler allererster Güte“. Von Kent Nagano am Pult hätte man sich teilweise etwas weniger an Lautstärke gewünscht.
Am Sonntag dann für viele der Höhepunkt, ein exklusives Konzert des Linzer Brucknerorchesters unter Markus Poschner in der „Elphi“. Bereits um 9.00 Uhr strömten ca. 1.500 vorwiegend Österreicher, die mit Moser Reisen nach Hamburg gereist waren, in das Konzerthaus, flanierten über die Plaza mit ihrem unvergleichlichen Blick über Elbe, Hafen und Speicherstadt, ließen sich von der hellen, großzügigen Atmosphäre im Inneren gefangen nehmen und genossen ein Glas Sekt an Tischen vor den bis zum Boden reichenden Panoramafenstern. Dann der Einlass in den Saal, bekannt von vielen Berichten und Bildern, aber in der Realität noch viel imposanter. Die uns zugeordneten Plätze in dem rund um die zentrale Bühne angeordneten Zuschauerraum waren bestens gewählt und boten sowohl von Sicht als auch Akustik, ein optimales Konzerterlebnis. Um 11 Uhr wurden die Musiker und ihr Dirigent Markus Poschner mit herzlichem Applaus empfangen. Im ersten Teil stand die Sinfonie Nr. 36 die „Linzer“ von Wolfgang Amadé Mozart auf dem Programm, ein wunderbar musizierter Gruß von Linz nach Hamburg. Nach einer Pause dann die Sinfonie Nr. 4 „Romantische“ von Anton Bruckner, ein Werk das mit seinen vielfältigen Nuancen die Akustik der Elbphilharmonie ausreizte und deren Qualität demonstrierte. Markus Poschner führte das Orchester zu einer, fast möchte man sagen, schon gewohnten Höchstleistung. Es war eine Wonne zu erleben, wie Markus Poschner mit seinen Musikern kommunizierte, sie ihm folgten, eine Einheit bildeten und ihre Meisterschaft bei der Interpretation von Bruckner eindrucksvoll unter Beweis stellten.
Die Besucher dankten mit langem begeisterten Applaus und Standing Ovations, auch das schon fast Routine bei Konzerten des BOL, aber dennoch ist die Freude und Erleichterung bei Dirigent und Musikern immer wieder fühlbar.
Mit vielen Eindrücken im Gepäck wurde die Heimreise angetreten und vielleicht hat sich am 4. Adventsonntag der eine oder andere beim Entzünden der Kerzen am Adventkranz daran erinnert, dass dieser 1839 vom Theologen Johann Hinrich Wichern in Hamburg erfunden wurde!
ULRIKE SKOPEC-BASTA

Fotos:
Ulrike Skopec-Basta
Peter Rieder (3)