„Liebe, Verrat und kein Orkan“
Freunde des Linzer Musiktheaters, 24 an der Zahl, besuchten am 3. und 4.3.2017 diesmal Innsbruck und Umgebung und eine Opernaufführung im Tiroler Landestheater. UN BALLO IN MASCHERA von Giuseppe Verdi war am Freitag, 3. März, am Programm.
Wer hätte gedacht, dass der „Dollar“ im „Taler“ seine Sprachwurzeln hat! Staunend lauschten die Reiseteilnehmer den Ausführungen der Stadtführerin von Hall in Tirol. Erzherzog Sigmund der Münzreiche, Cousin von Kaiser Maximilian I., ließ Ende des 15. Jahrhunderts in Hall Taler aus Silber prägen. Das Silber kam aus Bergwerken der nahen Stadt Schwaz und machte die Stadt Hall, die in Salinen Salzlauge verkochte und das gewonnene Salz bis ins Rheinland transportierte, noch reicher. Die im Inn-Salzachstil erbauten spätgotischen Haller Häuser mit ihren Erkern, die Kirchen und Klosteranlagen spiegeln den Wohlstand der Bewohner wider. Im Zweiten Weltkrieg blieben die Haller Altstadt und ihr geschlossenes Ensemble von Zerstörung verschont. Ehrwürdig und alt ist auch der Gasthof „Goldener Löwe“, wo die Opernfreunde zu Mittag einkehrten und gut speisten.
Am Nachmittag bezog die Reisgruppe im zentral gelegenen Innsbrucker Hotel „Grauer Bär“ die Zimmer. Nur ein paar Minuten, und schon war abends das Theater erreicht! Bei der Fahrt von Linz nach Innsbruck hatte Rudolf Wallner die Reisegruppe schon in bewährter Manier, mit dem Abspielen einer Tondokumentation, auf den abendlichen Opernbesuch von UN BALLO IN MASCHERA vorbereitet. Musikalische Kostproben aus der „stärksten Oper der mittleren Schaffensphase von Verdi“ brachte Wallner zu Gehör.
Das Tiroler Landestheater (TLT) wurde als Innsbrucker Stadttheater 1846 eröffnet. In den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts erfuhr das TLT eine größere Renovierung und verfügt heute über 800 Sitzplätze. Wie sich die Linzer Opernfreunde überzeugen konnten, ist die Fassade des Gebäudes mit ihrer Säulenfront eines Theaters würdig, und der Publikumsraum verbreitet mit seinen sparsam dekorierten Rängen und der bequemen Bestuhlung eine angenehme Atmosphäre.
Die musikalischen Schattierungen von UN BALLO IN MASCHERA von heiter bis schaurig düster, von liebestrunken bis spöttisch und hasserfüllt zeichnen diese besonders schöne und vielgespielte Verdi-Oper aus. Die Linzer Musiktheaterfreunde schwelgten dank der ausgezeichneten Leistungen sowohl des Orchesters als auch der Sängerinnen und Sänger im Melodienreichtum des Komponisten. Sie nahmen auch nicht am vom Regisseur gewählten Schauplatz, nämlich Kuba, Anstoß, haben doch die Bearbeitungen des Stoffes (Ermordung von König Gustav III. von Schweden) durch Verdi-Vorgänger und den Komponisten selbst immer wieder der Schauplatzwechsel bedurft.
Wie immer bei Opernreisen besprachen die Reiseteilnehmer nach der Aufführung lebhaft das Regiekonzept sowie die Klangfarben und Gesangstechniken der Mitwirkenden; auch Wallners Stimmanalysen wurden diskutiert.
Der Aufenthalt in Innsbruck erfuhr nach dem hochdramatischen Geschehen auf der Bühne zum Glück keine reale Entsprechung – der für Samstag angekündigte orkanartige Föhnsturm blieb aus. Beim samstägigen Gang durch Innsbruck konnte die Stadtführerin unbeeinträchtigt ihr Wissen über die spätgotische Innsbrucker Altstadt, die Baugeschichte des Goldenen Dachls, den Innenhof eines Bürgerhauses mit Renaissanceverkleidung aus Holz und die Nachlassenschaft von Maximilian I., dem Kaiser des Übergangs vom Mittelalter zur Neuzeit, weitergeben. Natürlich waren die 28 Schwarzen Mander in der Hofkirche und der Kenotaph (das leere Grabmal des Kaisers) ein Höhepunkt der Stadtführung, aber auch ein paar „Nebensächlichkeiten“ werden im Gedächtnis bleiben: Der Begriff „Torschlusspanik“ leitet sich her von der Angst der Bürger des Mittelalters über das sich schließende Stadttor, wenn sie nach Ausflügen mit ihrer Rückkehr in die Stadt spät dran waren. Und vier Brücken über den Inn tragen die Bezeichnungen „Grenoble“, „Freiburg“, „New Orleans“ und „Tiflis“, also die Namen von vier Partnerstädten von Innsbruck.
Bevor die Reiseteilnehmer aber nach kurzweiliger Fahrt wieder in Linz eingetroffen waren, hatten sie sich noch bei deftiger Kost im „Brauhaus“ des kleinen Alttiroler Städtchens Rattenberg gestärkt – wo gibt’s denn noch Apfelradln als Nachspeise! Und bei einem Zwischenstopp im sonnigen Kufstein konnte das erste Mal in diesem Jahr das Nahen des Frühlings erahnt werden …
Heide Stockinger
Fotograf: Rupert Larl, Walterstorfer
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