„Die Theaterleitung im Gespräch“
Beim 59. SF am 19.05.2019 stellte sich die Theaterleitung in Gestalt der drei Geschäftsführer Intendant Hermann Schneider, kfm. Vorstandsdirektor Thomas Königstorfer und Chefdirigent Markus Poschner den Fragen von Katharina John, Dramaturgin und Produktionsleiterin der Tanzsparte, und Christoph Blitt, Leitender Musiktheaterdramaturg, zu Bestandsaufnahme, Standortbestimmung, Sehnsüchte und vielem mehr, wobei zum Schluss auch das Publikum eingebunden war.
Thomas Königstorfer, der die Errichtung des Linzer Musiktheaters wesentlich mitgestaltet hatte, erlebte nach seiner Rückkehr vom Wiener Burgtheater ein Landestheater, das sich mit seinen nunmehr über 330.000 Besuchern pro Jahr im deutschsprachigen Raum im oberen Dutzend befindet, was auch ein anderes Arbeiten erfordert. Mit Hermann Schneider und Markus Poschner saßen zwei am Podium, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Linzer Musiktheaters ihre derzeitige Funktion noch nicht innehatten. Schneider steht zum dritten Mal als Intendant an der Spitze eines Theaters. Linz sieht er als Stadt mit Tradition, ohne verstaubt zu sein, mit einer guten Mischung aus großen und unterschiedlichen Perspektiven. Das Linzer Landestheater genießt heute bereits internationales Ansehen und ist für sieben Preise nominiert.
Poschner schätzt am Brucknerorchester seine Wissbegierigkeit, Offenheit und Zugewandtheit. Anton Bruckner war bis zu seinem Tod nie frei von seinen oberösterreichischen Wurzeln und ist auch im ländlichen Raum fest verankert. Dies konnte auch bei der letzten Oberösterreich-Tournee in „Bruckner-Städte“ wie Peuerbach und Bad Ischl festgestellt werden. Wesentlich sei es, die vielen Quellen zu erforschen, um auch zwischen den Zeilen lesen und das typisch Oberösterreichische hervor streichen zu können, was den besonderen Bruckner-Klang des Bruckner Orchesters ausmacht. Das Bruckner Orchester unternimmt selbstverständlich auch internationale Tourneen wie etwa nach England, wo die Musiker am Schluss des Konzertes ebenfalls mit standing ovations belohnt wurden.
Für Schneider ist das Theater der Aufklärung auch eine „moralische Anstalt“, in der die unverhandelbaren Werte und Haltungen auf die Bühne gebracht werden sollen. Schneider hat in seiner ersten Spielzeit einen Blick in die Zukunft gemacht und eine Utopie der „Neuen Welt“ (so das Motto seines ersten Intendantenjahres) vorgelegt. Jede Zukunft ist für die neue Generation „Für immer jung“. Der Paradigmenwechsel bildet wiederum die Sollbruchstelle, an der die „Welt aus den Fugen“ gerät. An jener Sollbruchstelle, in denen die aus den Fugen geratene Welt in der Vergangenheit versinkt, während die neue Welt hervorkommt, ist die Zeit der Selbsterkundung also der „Bekenntnisse“, so das Motto der kommenden Spielzeit 2019/20, in der Werke angesetzt sind, die Bekenntnischarakter haben. So wird Richard Wagners „Parsifal“ Meyerbeers „Le prophete“ gegenübergestellt. In Mozarts „Entführung aus dem Serail“ wiederum geht es um den interkulturellen Dialog zwischen dem aufgeklärten Europa und dem scheinbar reaktionären Morgenland. Auch für Markus Poschner sind Musiker zwar keine Politiker, aber Prediger einer Wertegemeinschaft und er erläuterte dies anhand des bevorstehenden Konzerts von Mahlers VIII. mit der Vertonung des mittelalterlichen lateinischen Pfingsthymnus und den Schlussworten von Goethes Faust. Die Aufkündigung des Theatervertrages durch die Stadt Linz ist deshalb für die Theaterleitung nicht nur unter dem finanziellen Gesichtspunkt zu betrachten, sondern angesichts der dabei eingeschlagenen Vorgangsweise und Entsolidarisierung als befremdlich zu werten. Die Besucher des SF bedankten sich für den interessanten Rück-, Aus- und Einblick mit standing ovations und nutzten die letzten Minuten für weitere Fragen und Wünsche.
Fotos: Manfred Fleckenstein