Johannes Wetzler

20 Jahre Universitätsorchester Linz

31 Jahre am Pult des Linzer Landestheaters


20 JAHRE UNIVERSITÄTSORCHESTER LINZ UNTER DER LEITUNG VON JOHANNES WETZLER

Web: http://orchester.jku.at

Anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Universitätsorchesters Linz führte LINZER MUSIKTHEATER ein Gespräch mit Johannes Wetzler (Foto: Prokosch).

Wie kam es zur Gründung des Universitätsorchesters?

Vor 20 Jahren kam an der Uni der Wunsch auf, akademische Feiern musikalisch zu umrahmen. Das Kulturinstitut wurde ins Leben gerufen und als dessen wichtigster Teil das Orchester.

Sie waren von Anfang an der künstlerische Leiter, woher aber kamen die Musiker?

Die Keimzelle waren Univ.-Prof. Dr. Hermann Janeschitz-Kriegl (Bratsche), seine Frau Gertrude (Geige und von 1981 bis 1997 Konzertmeisterin und unermüdliche Organisatorin des gesamten Betriebes, zum Dank dafür wurde ihr im Vorjahr die Ehrenbürgerschaft der Johannes Kepler Universität verliehen), zwei Töchter spielten Geige und der Sohn Cello. Um diese Familie scharten sich einige Professoren, Studenten und Absolventen, aber auch Lehrer und Studierende des Bruckner Konservatoriums und der Musikschule und gute musikalische Laien. Schon im ersten Jahr konnte in der alten Bibliothek der Uni das erste Konzert stattfinden.

Wie sahen die ersten Konzertprogramme aus?

Es begann mit Barockmusik, aber bald war das zu spezialisiert und von vielen nicht mehr gewünscht und so erweiterten wir die Programme auf Vorklassik und Klassik und später immer weiter herauf zur Moderne.

Wie oft sind Sie mit dem Uni Orchester aufgetreten und in welchen Sälen?

Die Bibliothek war bald zu klein und so spielten wir oft im Volkshaus Dornach und im Rahmen der Konzertreihe "Musica sacra" in der Ursulinen- und Karmelitenkirche, aber auch in anderen Konzertsälen. Ein wenig Statistik muss an dieser Stelle sein: Wir spielten pro Jahr drei Konzerte und einige Veranstaltungen im universitären Rahmen. Insgesamt waren das 81 Konzerte mit ca. 160 Werken von 65 verschiedenen Komponisten. Wir spielten auch ausgesprochene Raritäten wie eine Rossini-Messe, das Requiem von Suppé und die besonders hübsche böhmische Hirtenmesse von Jan Ryba, sowie mehrere Benefizkonzerte "für ein Linzer Musiktheater" mit Opern-, Operetten- und Musical-Literatur.

Wer sang in der Hirtenmesse den Chorpart?

Ebenso wie in der Opern-Gala vor vier Jahren die Linzer Singakademie, deren Leiter ich seit vielen Jahren und mit großer Freude bin.

Wo waren die Schwierigkeiten, die bei einem Laienorchester zweifellos auftreten, auch wenn zahllose gute Kritiken das nicht ahnen lassen?

Anfangs war bei den Streichern ein chronischer Engpass bei den Kontrabässen, bis wir dann ein eigenes Instrument anschaffen konnten. Schwierig war es immer mit dem Schlagwerk und vor allem mit Horn und Fagott. Solch ein Instrument findet man eben nicht auf der Straße. Da mussten wir oft beim Bruckner Orchester betteln, dass uns der eine oder andere Profi aushalf. Diese Gäste erhielten dann auch ein bescheidenes Honorar. Unsere eigenen Musiker bekamen nach dem Konzert ein Essen spendiert. Aber das Orchester wurde immer besser und so können wir heute wunderbare Werke spielen. Wir konzertieren unentgeltlich auch gerne für die Freunde des Linzer Musiktheaters.

Gibt es ein grundsätzliches künstlerisches Konzept für Ihre Arbeit mit dem Orchester?

Es gibt vor allem drei Schwerpunkte: wir wollen jungen Leuten die Chance geben, öffentlich solistisch aufzutreten. Dann spielen wir oft Werke, die von großen Orchestern nur selten gespielt werden, Wiederentdeckungen und Uraufführungen (Wahlmüller, Rogl und vor allem A. F. Kropfreiter). Unser größtes Anliegen aber ist die Verbesserung der künstlerischen Qualität. In Zeiten, wo jeder um wenig Geld auf CD eine Mozart-Symphonie in höchster Güte hören kann, müssen wir uns ständig bemühen, den bestmöglichen Orchesterklang zu erarbeiten, bei ca. zehn Proben pro Konzert oft ein schwieriges Unterfangen. Wir wollen einem Profi-Orchester möglichst nahe kommen. Das Positive daran ist, dass alle Musiker es auch wollen und immer ihr bestes geben. Und dann ist es für alle eine immense Freude, wenn das Ergebnis wieder ein erfolgreiches und schönes Konzert ist.

Gerlinde Tuppen


31 Jahre am Pult in Linz

Am 24. Mai 2001 fand im Linzer Landestheater die letzte Vorstellung von Johannes Wetzler statt, DON PASQUALE. Seit 31 Jahren stand er am Pult des Hauses und es war wie immer eine fulminante, hervorragende Vorstellung, die Orchester, Chor und Solisten mit besonderen Leistungen und das Publikum mit herzlichem Applaus, Blumen und standing ovations bedankten.

Von GERLINDE TUPPEN


So nahm eine Musikerlaufbahn ihren Anfang: Johannes Wetzler als 24-jähriger Student bei Hans Swarowsky in Wien.

Geboren 1936 in St. Ingbert im Saarland, besuchte Johannes Wetzler dort die Volksschule und das Gymnasium und maturierte in Trier. Anschließend studierte er Musikwissenschaften an der Hochschule in Saarbrücken und 1959 bis 1961 an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien bei Swarowsky, Gillesberger und Grossmann (Gesang) und legte das Diplom als Kapellmeister ab.

Von 1961 bis 1965 war er "Anfänger für alle Kunstgattungen" am heimischen Stadttheater Saarbrücken, sang dort Tenorbuffo-Partien, dirigierte und machte Regie-Assistenz.

Dann glaubte er, solide werden zu müssen, ging für drei Jahre als Organist und Kirchenchorleiter aufs Land, heiratete und bekam zwei Söhne. Doch schon bald zog es ihn wieder ans Theater und er ging von 1968 bis 1970 als Chordirektor und Kapellmeister nach Klagenfurt.

Im Herbst 1970 kam er zunächst als Chordirektor und vier Jahre später als Dirigent ans Landestheater Linz. Und er blieb diesem Haus 31 Jahre lang treu, so treu, dass er vor einigen Jahren sogar die österreichische Staatsbürgerschaft annahm. Er dirigierte hier fast das gesamte Operetten-Repertoire und mehrere Opern, z. B. DIE VERKAUFTE BRAUT, JOHANNA AUF DEM SCHEITERHAUFEN, ARIADNE AUF NAXOS, LUCIA DI LAMMERMOOR, DIE ZAUBERFLÖTE, DIE ITALIENERIN IN ALGIER, LA CENERENTOLA, ZAR UND ZIMMERMANN und DON PASQUALE.

Unvergessen ist und bleibt die große Ära des Musicals in Linz, wo er unzählige, vielumjubelte Vorstellungen dirigierte. Man erinnert sich gerne an KISS ME KATE, WEST SIDE STORY, CABARET, ANATEVKA, DER MANN VON LA MANCHA, EVITA, JESUS CHRIST SUPERSTAR und, und, und.

Bald nach Antritt seines Engagements in Linz übernahm Johannes Wetzler die Leitung der Linzer Singakademie, deren Gründer er war, und wenig später des Universitätsorchesters. Er dirigierte unzählige Messen in der Stiftskirche von St. Florian und leitete einige Male den Linzer Konzertverein sowie ausländische Orchester. Aus seiner reichen Konzerttätigkeit seien nur einige wenige Werke genannt: Die Requien von Mozart, Brahms und Verdi, Orffs CARMINA BURANA, Honeggers KÖNIG DAVID, Mendelssohns PAULUS und die Reformationssymphonie und vor allem immer wieder Bach, Mozart, Haydn und Beethoven.


Johannes Wetzler war bei den Kollegen hoch geschätzt. Hier gratulieren ihm Ursulinenkirchen-Rektor Peter Paul Kaspar (l.) und Intendant Dr. Roman Zeilinger (r.) zum 60er.

Welchen Beruf hätte Johannes Wetzler ergriffen, wenn er nicht Musiker geworden wäre? Er schmunzelt:

"Da gab es ein paar merkwürdige Dinge: In früher Jugend wollte ich Missionar in Afrika werden und die armen kleinen Heidenkinder bekehren. Da mich das Klavierüben so gar nicht freute, erklärte ich meinem Klavierlehrer, dass ich ohnehin Diplomat werden wolle.

So mit 15, 16 begann mich die Archäologie zu interessieren, ein Gebiet, das mich bis heute fasziniert und das neben griechischer und römischer Geschichte und Kunst meine dilettierende Leidenschaft geblieben ist.

Doch dann ließ mich die Musik doch nicht mehr los. Ich hatte eine schöne lyrische Tenorstimme, sang Soli im Kirchenchor, lernte Geige und Klavier. Mein wichtigster Lehrer wurde in Wien Prof. Hans Swarowsky, dem ich sehr viel zu danken habe. Und ich wäre nicht in Wien gewesen, wenn ich nicht ein glühender Bewunderer der Werke Mozarts geworden wäre. Diese Liebe und meine Affinität zum barocken Wien führten mich auf direktem Wege zu Richard Strauss, dessen ROSENKAVALIER und ARABELLA ich über alles liebe. Leider habe ich relativ wenig Strauss dirigiert, nämlich nur ARIADNE AUF NAXOS und die ‚Vier letzten Lieder'.

Was mir großen Spaß machte, obwohl es viel Arbeit war, waren die Schauspielmusiken. Ich arrangierte, komponierte und textete vor allem zahlreiche Quodlibets (Opernparodien) in Stücken von Nestroy. Ich erinnere mich gerne an die Musik für Stigma, ein Stück von Felix Mitterer, für Geige und Kontrabass, die dem Publikum sehr gefiel, und die schon über das rein Handwerkliche hinausging."

Und in den Theaterferien?

"Da bin ich immer viel gereist. Mit dem Auto kreuz und quer durch Europa und mit dem Flieger nach England, Irland, auf die griechischen Inseln. Und dann Italien, immer wieder Italien, vor allem Rom und Venedig."


In Irland genoss Wetzler neben der keltischen Kultur auch "sein Spielzeug", einen nagelneuen Leihwagen mit dem Stern.

Diese Reisen haben auch Wetzlers legendäre Kochkünste geprägt: seine Lasagne ist ebenso berühmt wie das seit Jahrzehnten obligatorische Weihnachtsfrühstück für seine Freunde.

Eine für einen Orchesterleiter essentielle Frage: Was ist das Faszinieren-de am Dirigieren und gibt es Unterschiede zwischen Oper und Konzert?

"Da gibt es sehr wohl Unterschiede. Im Konzert kann man sich ganz auf die Musik konzentrieren, während man im Theater irgendwelchen Zufälligkeiten Raum geben muss. Da stolpert ein Sänger über eine Stufe und schon ist die schönste Szene geschmissen, eine mühsam aufgebaute Stimmung futsch und alles kann sofort ins Lächerliche umschlagen. Die Vorbereitung ist ganz anders, man muss die Sänger führen und ihnen über alle möglichen Klippen hinweghelfen. Die Quintessenz ist wohl, die Musik des Komponisten aus den geschriebenen Noten herauszuholen, zum Klingen zu bringen und dem Publikum hör- und begreifbar zu machen. Man ist dann gemeinsam mit den Orchestermusikern und den Sängern der Vermittler zwischen dem Genie Mozart z. B. und den Zuhörern, die im Idealfall glücklich sind, mit mir diese Musik gerade in diesem Augenblick hören zu dürfen."


Johannes Wetzler hat gut ein Dutzend Mal „für ein Linzer Musiktheater“ musiziert, darunter auf jedem der Musiktheater-Bälle im Palais Kaufmännischer Verein, wo er mit „seinem“ Uni-Orchester für die Höhepunkte der Mitternachtseinlagen sorgte.

Hatte Johannes Wetzler nie Lust, aus Linz wegzugehen?

"Eigentlich nicht." Ich war immer schon zu sehr im Linzer Musikleben eingebunden. Da waren die Linzer Singakademie und das Universitätsorchester, und ich hatte immer sehr viel zu tun - im Theater bis zu 50 Vorstellungen pro Saison. Das ist mehr als jeder andere Kapellmeister dirigierte. Und dann war ich plötzlich in Linz zu Hause und ich bleibe auch in der Pension hier wohnen."

Besondere Pläne für den Ruhestand?


Die langjährige Konzertmeisterin Gertrude Janeschitz-Kriegl war die Seele des Uni-Orchesters und die Stütze Wetzlers.

"Nein. Ich werde all die Bücher endlich lesen, die daheim ungelesen herumstehen und ich werde meine neue Wohnung fertig einrichten. Da hat sich ja ein lang gehegter Wunsch erfüllt. Ich wohne jetzt in jenem Haus gegenüber vom Theater, wo ich immer schon wohnen wollte. Ich werde mich weiter bekochen und Freunde einladen. Das einzige, was mich ein wenig erschreckt hat, ist, dass es so plötzlich gekommen ist. Man rechnet ja nie damit, das man einmal in Pen sion geht. Bis dahin ist ja noch so viel Zeit! Und ich freue mich darauf, weiterhin mit meiner Singakademie und meinem Universitätsorchester zu musizieren."
Die Freunde des Linzer Musiktheaters, sein Publikum und seine Freunde wünschen Johannes Wetzler noch viele Jahre mit seiner geliebten Musik, Gesundheit und Lebensfreude!