Landtagssitzung
29. April 1999

Auszug aus den Reden von LH Dr. Josef Pühringer und Präsidentin Angela Orthner, die sie anläßlich des FPÖ-Antrages auf Volksbefragung zum Thema Musiktheater im OÖ. Landtag gehalten haben.

line_blau2.jpg (521 Byte)

LH Dr. JOSEF PÜHRINGER IM OÖ. LANDTAG, 29. APRIL 1999

mt_puehringer.gif (13864 Byte)Ich möchte gleich einleitend betonen, daß ich als Kulturreferent und meine Fraktion zum konstruktiven Dialog über dieses Thema immer bereit waren und auch in Zukunft bereit sind. Um konstruktiv zu bleiben, ist es Voraussetzung, daß man zuerst einmal bei den Daten und Fakten bleibt, wie sie wirklich sind. Ich muß daher mit einer Berichtigung beginnen:

Der Fraktionsobmann der freiheitlichen Partei hat in seiner Wortmeldung mitgeteilt, daß das Land Oberösterreich bisher für die Grundkäufe 30.000 Schilling pro Quadratmeter gezahlt hat. Wir haben jedoch einen Durchschnittspreis von S 15.300,- bezahlt, das ist also etwa die Hälfte dessen, was Sie behauptet haben.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich gleich zur Kernfrage kommen. Worum geht es wirklich? Ich habe heute bei der Post einen Brief gehabt, eines Mitbürgers, er ist Funktionär bei der Evangelischen Kirche in Leonding. Da Kollege Achatz den Brief auch erhalten hat, kann ich ihn ja zitieren. Ich nehme an, der Betreffende hat nichts dagegen. Er schreibt hier folgendes:

„Kunst mit Geld aufzuwiegen war immer schon ein Problem und wird stets ein solches bleiben, man kann Sie, Herr Landeshauptmann, nur inständig bitten, sich durch solch billigen Populismus nicht vom Neubau des Linzer Musiktheaters abbringen zu lassen. Wer Kunst mit Geld gegenrechnet, hat von Geschichte und von Kunst nur wenig mitbekommen oder noch schlimmer, hat es mitbekommen und spielt dennoch mit den Emotionen des kleines Mannes."

Meine Damen und Herren, das ist der eigentliche Skandal dieser Geschichte, man spielt auf dem Rücken der einfachen, sogenannten kleinen Leute, man verängstigt sie, man spielt mit falschen Zahlen und man gaukelt ihnen vor, wenn man dieses Theater baut, dann kann sich dieses Land nichts mehr leisten, dann ist kein Geld mehr da für die Gemeinden, dann ist kein Geld mehr da für die Feuerwehren, für den Sport und für andere Lebensbereiche. Das ist nicht so, in aller Klarheit sage ich, dieser Theaterneubau wird nicht zu Lasten der übrigen Infrastruktur in unserem Land und zu Lasten von Bildung, von Sport, von Agrar- oder anderen Bereichen gehen.

In den letzten Tagen sind die geologischen Untersuchungen abgeschlossen worden, gestern hat mir die Kulturabteilung einen Bericht dazu vorgelegt. Die Bohrungen haben ein positives Gesamturteil ergeben, sandige Störzonen gib es ausschließlich im Bereich des Fußgängereingangs Tummelplatz, was von Anfang an erwartet wurde, ohne bautechnische Probleme und Auswirkungen auf das Bauwerk.

Ein klares Wort auch zur Frage, warum Volksabstimmung, warum Volksabstimmung nicht. Herr Kollege Achatz, Du bist wiederholt zitiert worden, ich möchte Dich auch zitieren. 1989 hat Du nicht befunden, daß wir eine Volksabstimmung machen sollen, 1989 hast Du erklärt, die Musiktheater-Freunde sollten nicht länger im Unklaren gelassen werden, was mit ihrem Wollen und Wünschen zu geschehen hat. Man soll die Diskussion nicht mehr in die Länge ziehen, die Entscheidung über den Standort sollte endlich getroffen werden. Also nicht eine Volksabstimmung. Nicht einmal mehr Diskussionen hast Du 1989 gewünscht, und heute verirrst Du Dich und verlangst eine Volks-abstimmung. Ich sage in aller Deutlichkeit, wir bekennen uns zu Deiner Aussage des Jahres 1989, wir werden zwar die Diskussionen weiterführen, werden aber auch entsprechend rasch dieses Jahrhundertbauwerk, wie Du selbst gesagt hast, für Linz und Oberösterreich verwirklichen.

Oberösterreich muß auch in Zukunft ein Land der Kultur bleiben, wenn wir es uns leisten können, in 168 oberösterreichischen Gemeinden eine Musikschule zu errichten, wenn wir es uns leisten können, in fast jeder Gemeinde ein eigenes Musikheim für die Musikkapelle zu bauen und vieles mehr, dann werden wir es uns auch leisten können, für ganz Oberösterreich ein Landestheater mit Musiktheater, Schauspielhaus und allem, was dazugehört zu bauen und zu errichten. Das kostet pro Bürger dieses Landes 800 bzw. 900 Schilling. Das ist vertretbar, zu dem stehen wir, weil wir auch die Umwegrentabilität eines derartigen Baus kennen und wissen.

Wir haben uns in den letzten Tagen gemeinsam und zu Recht gefreut, daß unser Brucknerhaus seinen 25. Geburtstag feiern konnte. Ich frage mich, was wäre aus dem Brucknerhaus geworden, wenn vor drei Jahrzehnten die verantwortlichen Politiker gesagt hätten, machen wir eine Volksabstimmung.

Dieses Brucknerhaus und kein einziger kultureller Bau in Oberösterreich dieser Größenordnung wäre entstanden, wenn man diesen Weg gegangen wäre. Die Politiker von damals haben sich zu einer Vision bekannt und haben auch den Mut gehabt zu entscheiden, wir werden es ihnen heute gleichtun, in wesentlich einfacheren Zeiten.

Wir haben das Musiktheater einstimmig beschlossen. Die FPÖ hat dann eine Schwenk- und Schwankpolitik gemacht und sich von diesem gemeinsamen Beschluß abgesetzt. Wir hingegen stehen dazu, und ich bedanke mich ausdrücklich auch bei den Grünen und bei den Sozialdemokraten, daß dieser Grundsatzbeschluß des Jahres 1992 in seiner Geltung nicht angezweifelt wird.

Die Kultur ist die Gesamtheit aller zivilisatorischen Ausdrucksformen. Ihre höchste schöpferische Ausdrucksform ist die Kunst, die in einer freiheitlichen Gesellschaft keiner Beschränkung unterliegen darf. Das steht im Parteiprogramm der Freiheitlichen. Ich lade Sie ein, sich an Ihr eigenes Programm zu halten. Ich gebe der festen Überzeugung Ausdruck, daß wir mit dem Bau dieses Musiktheaters ein ganz wesentliches Stück oberösterreichische Zukunft setzen und Zukunft gestalten zum Wohle der Bürger dieses Landes.

line_blau2.jpg (521 Byte)

PRÄS. ANGELA ORTHNER IM OÖ. LANDTAG, 29. APRIL 1999

orthner.jpg (5332 Byte)Welche Rechte hat das Volk?

Selbstverständlich hat das Volk das Recht, ja ich würde sagen: die Pflicht zur Mitbestimmung. Das Volk hat ein Recht auf Kultur. Es hat ein Recht auf Bildung, auf ärztliche Versorgung, auf sozialen Ausgleich, auf Wohnen, auf Arbeit, auf eine gesunde Umwelt, auf Sicherheit und Schutz vor Vertreibung und Gewalt.

Das Volk hat aber auch ein Recht auf Politiker mit Kultur. Auf Politiker, die die Menschen zusammenbringen und nicht auseinanderdividieren. Es hat ein Recht darauf, daß nicht von den Politikern Neid geschürt wird, ausgegrenzt wird, sondern ausgleichend gefördert wird. Ein Recht auf Politiker, die gestalten und in die Zu-kunft hineinschauen und vorsorgen für diese Zukunft.

Und für all diese Dinge haben uns unsere Landsleute einen Rahmenauftrag gegeben bei der letzten Landtagswahl und bei den Wahlen vor diesen Landtagswahlen. Sie haben uns einen Auftrag gegeben und haben gesagt: Macht etwas Gutes aus diesem Land. Und diesen Auftrag muß man ernstnehmen. Wir nehmen ihn auch sehr, sehr ernst. Und es wäre sehr feige und ein wenig billig zu sagen, in dieser oder jener Frage sind wir uns nicht einig oder da ist die Entscheidung vielleicht ein bißchen schwierig und nicht so angenehm. Liebes Volk, nimm diesen Rahmenauftrag zurück. Ich delegiere zurück an Dich und jetzt entscheide Du!

Ich glaube, daß das nicht der richtige Weg ist. Das Volk hat ein Recht auf Politiker, die nachdenken, die entscheiden und die handeln.

„Politiker, die nachdenken": Das haben wir getan, auch hier in diesem Hohen Haus. Und ich erinnere mich an Diskussionen, damals waren die Mandatarinnen und Mandatare der Freiheitlichen Partei ja durchaus noch dabei. Herr Landesrat Achatz, Sie haben gesagt, ja bauen wir doch endlich das neue Landestheater, das ist eine Jahrhundertchance, die wir in Oberösterreich haben.

„Politiker, die entscheiden": Auch das haben wir getan. Es gab mehrere Entscheidungen in der OÖ. Landesregierung und eine davon auch einstimmig mit der Stimme des freiheitlichen Landesrates Dr. Achatz.

„Politiker, die handeln": Auch das haben wir getan. Wir haben die Standortfrage gelöst, wir haben einen Architektenwettbewerb ausgeschrieben und die Bauvorbereitungen eingeleitet. Wir haben die Bevölkerung informiert in vielen Pressekonferenzen, in vielen Artikeln, in verschiedensten Zeitungen und Publikationen. Diese Information ist geschehen, aber wir werden selbstverständlich noch zulegen. Denn jetzt haben wir ein Projekt, das wir zeigen können und jetzt wissen wir, wie das Ganze sich in der Zukunft entwickeln wird. Wir zeigen es ab jetzt in Ausstellungen in den Städten und in unseren Gemeinden.

Sie, die Freiheitliche Partei, haben nicht mit den Menschen gut geredet, sondern versucht, politisches Kleingeld zu bekommen. Sie haben populistisch Stimmung gemacht gegen das Theater, indem Sie bei Ihrer Postkartenaktion den Eindruck bei den Menschen erweckten, andere wichtige Projekte könnten nicht realisiert werden. Das war keine richtige Information von Ihnen. Sie haben den Menschen nicht gesagt, daß unser Landestheater sanierungsbedürftig ist, daß es baufällig ist, daß es halt zweihundert Jahre alt ist und daß die teuerste Variante ein Umbau, ein Anbau oder eine sonstige Veränderung am jetzigen Standort wäre. Aber die Kultur braucht auch Raum. Sie braucht den gedachten Raum, den geistigen Raum und sie braucht auch den baulichen Raum.

Sie haben in Ihrer Kartenaktion den Menschen nicht gesagt, daß die Leute, die jetzt im Theater arbeiten, ein Recht auf einen ordentlichen Arbeitsplatz haben, der dem entspricht, was wir für viele andere schaffen. Ich denke nicht nur an die, die während, vor und nach den Aufführungen dafür sorgen, daß eine Aufführung stattfinden kann. Ich denke auch an die Sängerinnen und Sänger, die oft Probleme haben, über den Orchestergraben zu singen, und an das Orchester, das im Orchestergraben gedrängt sitzen muß und nicht in der Besetzungsstärke spielen kann, die wir uns wünschen. Wir müssen auch an den Chor denken, der jetzt seine Stimmen auf das Parkett ausrichtet, und die, die im ersten Rang sitzen, darüber klagen, daß alles zu laut ist. Wir sind auch diesen Menschen ordentliche Arbeitsplätze schuldig, und wir werden sie schaffen.

Und Sie sagen, das alles schafft ein ungeheures Defizit. Ich sage Ihnen, und Sie wissen das ganz genau: 80 Prozent von dem, was wir für das Theater ausgeben, sind Löhne und Gehälter. Sie kommen in Form von Steuern und Abgaben wieder zurück. Das ist der Kreislauf, den es gibt in einem Unternehmen wie unserem Landestheater. Und das ist kein Defizit, sondern das ist der Betrag, den eine Institution wie ein Theater braucht. Sie reden wider besseres Wissen von einer Prunkoper, und ich finde das besonders schändlich von Ihnen.

Sie reden von einer Prunkoper und wissen genau, daß das, was geplant ist, eine vielseitig verwendbare Spielstätte ist, in der die Tradition ihren Platz haben wird und in der das Neue seinen Platz haben wird.

Sie, die Freiheitliche Partei, hätten davon reden sollen, daß das Musiktheater ein außergewöhnlicher, ein ästhetischer, ein innovativer und ein städtebaulicher Akzent ist. Daß Oberösterreich auch viel in anderes investiert, in Krankenhäuser, in Schulen, in die Bildung, in soziale Einrichtungen und in die Umwelt.

Ich sage Ihnen, daß Sie Oberösterreich und das Theater nicht madig machen können. Wir sind ein selbstbewußtes Land, wir haben fleißige Leute, wir haben eine solide Wirtschaft, wir haben geordnete Finanzen und wir haben Mut zu Neuem. Wir sind ein Land der sozialen Wärme und der geistigen Weite. Diesen Weg werden und wollen wir weitergehen mit unseren Landsleuten.