Juli 2011

Auditorium: Bestuhlung und Sichtlinien

Anlässlich einer Führung, über die ich an anderer Stelle berichte, bemerkte ich, dass die Leute die Schönheiten der Architektur, wie etwa die mit Tageslicht erhellten Aufgänge zwischen den Foyers, wohlwollend bestaunen, aber im Wesentlichen wollen sie wissen:

Wo werde ich sitzen, wie bequem wird der Sessel sein, was werde ich von dort sehen und hören können?

Dazu gibt es offizielle Auskünfte auf der Homepage www.musiktheater-linz.at, der ich die hier beigegebenen Bilder und die Grundlagen meines Textes entnehme. Einiges bedarf noch der Klärung.

Von Dipl.-Ing. Hildebrand Harand

BESTUHLUNG


2. Rang, 176 Plätze , Option 2 x 9 seitlich

2. Rang, 176 Plätze , Option 2 x 9 seitlich

Hochparterre, 239 Plätze, Option 2 x 9 seitlich

Option Orchestergraben 155 Plätze

Parterre 349 Plätze

Bei den Bildern der Grundrisse ist die jeweilige Sesselanzahl vermerkt. Darin können auch 10 Behindertenplätze aufgestellt werden. Es werden 2 unterschiedliche Gesamtzahlen der Sitzplätze genannt, abhängig von der jeweiligen Verwendung des Hauses. Im Normalbetrieb, also bei den Abo-Vergaben und dem üblichen Opernbetrieb werden 972 Sitzplätze angeboten und es wird keine käuflichen Seitensitze auf den Galerien geben. Dies hat Herr Dr. Königstorfer anlässlich unserer heurigen Generalversammlung mehrmals betont. Warum wurde dann die an herkömmliche Opernhäuser erinnernde Hufeisenform der Galerien gebaut? Beim Projekt "Theater am Berg" gab es sie nicht. Drei Beweggründe sind zu nennen:

 

1.] Die drei Galerien des Musiktheaters (die oberste dient auch der Technik) wurden in erster Linie aus akustischen Gründen bis zum Bühnenportal geführt. Der von der Bühne und dem Orchestergraben kommende Schall bricht sich an der Unterfläche der Balkone und findet harmonisch in den Saalraum zurück. Es geht hier um Zeitunterschiede zwischen Schallquelle und Schallziel. Glatte Seitenwände sind akustisch ungünstig. Derzeit erscheinen die Böden der Seitengalerien noch relativ breit. Sie werden im Endausbau wesentlich schmäler sein, weil eine spezielle leichte Wand in deutlichem Abstand zur Betonaußenwand noch errichtet wird. Diese Innenwand wird schallbremsend "durchlässig" ausgestattet sein, was die Akustik zusätzlich wesentlich verbessert. Das Bild auf der Titelseite dieser Zeitung deutet diese Wand durch lotrechte Striche an. Der Galeriebodenraum, der dann an den Seiten noch bleibt, lässt neben der Brüstung nur eine einzige Sesselreihe zu. Dort werden 9 Seitensessel pro Seite und Rang sein, mit dem Hochparterre im ganzen also 54 Sitze zusätzlich zu den 972 Normalsitzen.

2.] Terry Pawson verbindet aus ästhetischen Gründen ein Auditorium für Opern mit hufeisenförmigen Galerien. (Unsere hier sind nicht kreisrund, haben zwischen hinten und seitlich einen deutlichen funktionsbedingten Knick). Wer das genannte Bild betrachtet, wird ihm Recht geben, auch mir gefällt dieser Saal sehr. Die Anforderungen der Akustik unterstützten hier den Architekten.

3.] Natürlich stellt sich die Frage: Was anfangen mit dem so gewonnenen Platz? Antwort: Es können hier für eine maximale Bestuhlung bei Sonderveranstaltungen wertvolle Plätze gewonnen werden. Solche Termine können Eröffnungen von Festwochen sein, bei denen ein Redner auf der Bühne auch von Seitensitzen gut zu sehen und bei Lautsprecherverstärkung zu hören sein wird. Auch sind Vorstellungen denkbar, bei denen das Orchester auf der Bühne sitzt, der Orchestergraben bestuhlt ist (155 Plätze) und statt der Parterrebestuhlung eine Spielbühne errichtet ist. Die 349 Sessel im Parterre stehen ja auf einer manipulierbaren Tribüne, die bis zum ebenen Boden entfernt werden kann. Dasselbe gilt auch für einen Opernball, wo die Galerieseitenteile Möglichkeiten zum Zusehen bieten. Auf www.musiktheater-linz.at ist weiters zu lesen: "Bei Veranstaltungen, bei denen mit Tonträgerverstärkung gearbeitet wird (z. B. Musicals) oder bei Produktio-nen, bei denen die Vorderbühne bzw. der zugedeckte Orchestergraben bespielt werden, sind die Plätze an den äußeren Seitenrängen nicht benachteiligt. Für solche Veranstaltungen ist die erweiterte Bestuhlung vorgesehen." Was die Musicals betrifft, die doch Sicht auf die Bühne voraussetzen, möchte ich diesen Text hinterfragen. Aber an sich muss sich ja niemand die 54 Seitenplätze kaufen, es sei denn, er findet Gefallen an einer 1. Reihe fußfrei.

MAXIMALBESTUHLUNG Alle Plätze im Sonderfall zusammengezählt ergeben ca. 1200. Diese Zahl in die Pläne einzuzeichnen ist wichtig, weil sie Grundlage für die Bemessung der Durchgangsbreiten bei Gängen, Stiegen und Fluchttüren ist und der Baupolizei bekannt sein muss. Die Planung des Hauses muss von der Maximalzahl ausgehen. Wie weit die erweiterte Bestuhlung vom Publikum angenommen werden wird, wird der Spielbetrieb zeigen. Aber nochmals und um jede Verunsicherung der Theaterbesucher eindeutig auszuschließen: Im Normalbetrieb werden 972 Sitzplätze angeboten, und diese werden nicht auf den Galerieseitenteilen sein.

SICHTLINIEN


Sicht vom 2. Rang auf die Bühne

Die Sicht vom 1. Rang auf die Bühne

Blick vom Hochparterre auf die Bühne

Die Sicht vom Parterre auf die Bühne

Sehr sorgfältige computerunterstützte Untersuchungen wurden durchgeführt, um die optimale Neigung der Tribünen und Ränge zu finden. Die gute Sicht war für die meisten Reihen der einzige Parameter, lediglich die ersten Parterrereihen mussten auch akustischen Auflagen genügen und sind daher etwas flacher. Das Ergebnis ist aus den beigegebenen Bildern erkennbar und zeigt überall eine ausgezeichnete Sicht auf den Bühnenbereich. Vom überwiegenden Teil der Sitze können beide Seitenflächen der Bühne eingesehen werden, von den randnahen Sitzen nur eine Seite. Wie viele Sitze davon betroffen sind, hängt von der in diesem Haus verstellbaren Bühnenbreite ab. Man hört auch den Einwand: Im "Theater am Berg" sei man bei 970 Normalplätzen mit einer Galerie (1. Rang) ausgekommen, warum gibt es hier zwei. Diese Änderung halte ich für einen großen - und bei den Führungen merkbaren - Vorteil. Denn auch bei guter Sicht ist die Erkennbarkeit eines Darstellers vom Quadrat der Entfernung zum Auge des Betrachters abhängig. Unser Saal hier ist relativ kurz, damit bühnennah. Auch in den hinteren Plätzen werden die Künstler gut zu sehen sein. Der Bauteil, um den das Bergprojekt länger war, ist hier der 2. Rang.

SESSEL

Die Wahl der bestmöglichen Sessel ist noch im Gange. Ein Probesitzen fand schon statt, weitere mögen folgen.